Asbest in Fußböden: Problematik, Gesundheitsgefahren und Sanierungsmaßnahmen

Asbest galt lange als “Wunderfaser” wegen seiner Hitze- und Säurebeständigkeit sowie seiner Reißfestigkeit. Vor allem in der Bauindustrie wurde Asbest vielfach eingesetzt – unter anderem auch in Fußbodenbelägen. Obwohl die Herstellung und Verwendung von Asbest in Deutschland bereits seit 1993 verboten ist, finden sich in älteren Gebäuden (insbesondere aus den 1960er- bis 1980er-Jahren) noch häufig asbesthaltige Materialien. Gerade bei Fußböden kann dies eine verborgene Gefahrenquelle darstellen. In diesem Beitrag wird die Problematik von Asbest in Fußböden ausführlich beleuchtet, Grenzwerte und gesundheitliche Auswirkungen erläutert sowie auf Ermittlungsmethoden und gesetzliche Grundlagen für eine Sanierung eingegangen.


1. Hintergrund: Wo und warum wurde Asbest in Fußböden eingesetzt?

Asbestfasern wurden früher vielfältig eingesetzt, vor allem in Baumaterialien wie Asbestzement, Dämmmaterialien oder Klebstoffen. In Fußböden kann Asbest in folgenden Materialien auftreten:

  1. Asbesthaltige Vinyl- oder PVC-Bodenbeläge: Insbesondere ältere Vinyl-Asbest-Platten (“Floor-Flex-Platten”) enthalten oft Asbest.
  2. Bitumenkleber (“schwarzer Kleber”): Bei der Verlegung von Bodenbelägen wurde häufig bitumenhaltiger Klebstoff eingesetzt, der ebenfalls asbesthaltig sein kann.
  3. Estriche und Spachtelmassen: Auch in Spachtel- oder Ausgleichsmassen, die zur Nivellierung des Untergrunds dienen, können Asbestfasern enthalten sein.

Der Hauptgrund für den Einsatz asbesthaltiger Produkte war die hohe Haltbarkeit, Hitzebeständigkeit und geringe Kosten der “Wunderfaser” Asbest. Mit Bekanntwerden der gesundheitlichen Risiken – insbesondere der Auslösung schwerer Lungenkrankheiten – wurden Produktion und Verwendung in Deutschland schrittweise eingeschränkt und schließlich vollständig verboten.


2. Gesundheitsgefahren durch Asbest

Asbest ist stark gesundheitsschädlich, da seine feinen Fasern eingeatmet werden können und tief in die Lunge gelangen. Die größte Gefahr geht dabei von freigesetzten, lungengängigen Asbestfasern (Durchmesser < 3 µm, Länge > 5 µm) aus. Gesundheitsgefährdend ist dabei nicht der reine Kontakt an der Oberfläche, sondern insbesondere das Einatmen von Fasern, die aufgrund von Beschädigungen, Bohrungen, Schleifarbeiten oder Abrissmaßnahmen freigesetzt werden.

2.1 Mögliche Erkrankungen

  • Asbestose: Chronische Lungenerkrankung (Vernarbungen im Lungengewebe), die zu Atemnot und Leistungsminderung führt.
  • Lungenkrebs: Das Risiko für Lungenkrebs ist bei Langzeitexposition gegenüber Asbestfasern stark erhöht.
  • Mesotheliom: Bösartige Tumorerkrankung des Rippen- oder Bauchfells; typisch ist eine lange Latenzzeit von 20 bis 40 Jahren zwischen Exposition und Ausbruch der Krankheit.

2.2 Risikofaktoren

  • Beschädigung oder Abrieb des Bodens: Ist der Boden intakt und versiegelt, ist das Risiko einer Faserausbreitung gering. Kommt es jedoch durch Schäden, Bohrungen, Abschleifen oder Umbauarbeiten zur Freisetzung von Fasern, steigt das Risiko erheblich.
  • Fehlender Arbeitsschutz: Arbeiten ohne Schutzausrüstung und ohne geeignete Staubabsaugung oder -bindung bergen ein hohes Risiko für die Freisetzung und das Einatmen von Asbestfasern.
  • Lange Expositionsdauer: Gesundheitliche Auswirkungen können erst nach vielen Jahren sichtbar werden, insbesondere bei dauerhafter Exposition in schlecht belüfteten Räumen.

3. Grenzwerte und gesetzliche Grundlagen

In Deutschland und der EU existieren strenge Vorschriften zum Umgang mit Asbest. Bereits im Jahr 1993 wurde in Deutschland ein generelles Herstellungs- und Verwendungsverbot erlassen. Folgende Regelwerke sind für das Thema Asbest in Fußböden besonders relevant:

  1. Gefahrstoffverordnung (GefStoffV): Regelt den Umgang mit Gefahrstoffen, definiert Schutzmaßnahmen und umfasst auch Asbest.
  2. Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS), insbesondere TRGS 519 (“Asbest: Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten”): Enthält detaillierte Vorgaben zur Erkennung, Bewertung und Durchführung von Arbeiten an asbesthaltigen Materialien.
  3. TRGS 910 (“Risikobezogenes Maßnahmenkonzept für Tätigkeiten mit krebserzeugenden Stoffen”): Hier sind unter anderem Akzeptanz- und Toleranzkonzentrationen für krebserzeugende Stoffe wie Asbest definiert.

3.1 Relevante Grenzwerte

  • Arbeitsplatzgrenzwert (AGW): In Deutschland gilt gemäß Gefahrstoffverordnung und TRGS 910 für Asbest eine maximal zulässige Faserkonzentration in der Luft am Arbeitsplatz. Die in der Vergangenheit definierte maximale Arbeitsplatzkonzentration (MAK) von 0,1 F/cm³ (Fasern pro Kubikzentimeter Luft) wurde für Asbest bereits vor Jahren verschärft. Heute gilt für die Praxis, dass jede Exposition so weit wie möglich zu vermeiden und auf ein Mindestmaß zu reduzieren ist.
  • Umweltbezogene Grenzwerte: Im Normalfall soll die Asbestbelastung in Aufenthaltsräumen unterhalb von 500 Fasern/m³ (0,0005 F/cm³) liegen, wobei nach Möglichkeit eine Konzentration deutlich unterhalb dieses Richtwertes angestrebt wird. Diese Werte orientieren sich an den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und verschiedener nationaler Behörden.

Da Asbest ein eindeutig krebserzeugender Stoff ist, gilt grundsätzlich das Minimierungsgebot: Jede unnötige Freisetzung von Asbest ist zu vermeiden, und die sichere Entfernung oder Versiegelung hat oberste Priorität.


4. Ermittlung von Asbest in Fußböden

Werden Umbau- oder Sanierungsmaßnahmen geplant oder ist ein Boden bereits ersichtlich beschädigt, sollte stets geprüft werden, ob Asbest vorliegt. Die Ermittlung erfolgt in der Regel durch:

  1. Visuelle Voruntersuchung: Erfahrene Fachleute können anhand bestimmter Bodenarten oder Kleberfarben (z. B. dunkler “Teer- oder Bitumenkleber”) erste Verdachtsmomente erkennen.
  2. Probenahme: Bei begründetem Verdacht wird eine Materialprobe (z. B. ein kleines Stück des Bodenbelags oder eine Probe des Klebers) entnommen.
  3. Laboranalyse: Die Proben werden in einem spezialisierten Labor (z. B. nach VDI-Richtlinien oder DIN-Normen) untersucht. Hierbei kommt häufig die Rasterelektronenmikroskopie (REM) oder Polarisationsmikroskopie zum Einsatz, um Art und Menge der Asbestfasern nachzuweisen.

4.1 Hinweise für Eigenheimbesitzer und Mieter

  • Eigene Probenahme mit Vorsicht: Das selbstständige Ausbauen von verdächtigen Bodenplatten oder Abschaben von Kleberresten kann bereits Fasern freisetzen. Idealerweise sollte die Probenahme durch geschulte Fachleute erfolgen.
  • Begrenzte Aussagekraft ohne Labor: Eine visuelle Begutachtung alleine reicht nicht zur eindeutigen Diagnose aus. Nur eine Laboruntersuchung liefert ein belastbares Ergebnis.

5. Sanierungsmaßnahmen: Möglichkeiten und gesetzliche Vorgaben

Die Sanierung asbesthaltiger Böden darf in Deutschland grundsätzlich nur von sachkundigen Fachbetrieben vorgenommen werden, die über eine Zulassung nach TRGS 519 verfügen. Asbesthaltige Arbeiten fallen in verschiedene Kategorien (z. B. Abbruch, Instandhaltung, Reparatur), für die jeweils unterschiedliche Anforderungen gelten. Generell stehen drei Hauptmaßnahmen zur Verfügung:

  1. Belag belassen und versiegeln (Encapsulierung)
  2. Belag überdecken (Überbauung)
  3. Asbesthaltigen Belag entfernen und entsorgen

Welche Maßnahme sinnvoll ist, hängt vom Zustand des Bodens, seiner Nutzung sowie von den technischen und rechtlichen Anforderungen ab.

5.1 Belag belassen und versiegeln (Encapsulierung)

  • Voraussetzungen: Der Boden ist insgesamt gut erhalten, kaum mechanisch beansprucht und es besteht kein Risiko einer Faserausbreitung.
  • Maßnahme: Eine spezielle Versiegelung wird auf den Bodenbelag aufgetragen, sodass Fasern nicht mehr austreten können.
  • Vorteile: Geringere Kosten als eine vollständige Entfernung, weniger Eingriff ins Gebäude, weniger Baustaub und Abfälle.
  • Nachteile: Nur eine zeitlich befristete Lösung; zukünftige Arbeiten, die den Boden beschädigen könnten, müssen vermieden oder fachgerecht begleitet werden.

5.2 Belag überdecken (Überbauung)

  • Voraussetzungen: Der Boden ist stabil und kein sofortiges Risiko einer Faserausbreitung erkennbar.
  • Maßnahme: Der asbesthaltige Bodenbelag wird z. B. mit einem neuen Boden (z. B. schwimmend verlegten Laminat- oder Vinylboden) überdeckt.
  • Vorteile: Relativ schnell und kostengünstig umzusetzen; keine Freisetzung von Fasern, wenn fachgerecht gearbeitet wird.
  • Nachteile: Asbesthaltiges Material verbleibt im Gebäude; spätere Sanierungen können die Situation erschweren.

5.3 Entfernung und Entsorgung

  • Voraussetzungen: Der Boden ist beschädigt oder die Nutzung erfordert die Entfernung (z. B. geplante Renovierung, Umbau).
  • Maßnahme: Vollständige Entfernung des asbesthaltigen Materials nach den Vorschriften der TRGS 519. Dabei werden u. a. Einhausungen gebildet (Abschottung der Baustelle), Unterdruck in der Arbeitszone erzeugt, spezielle Schutzkleidung und Atemschutz getragen sowie eine Staubbindung (z. B. durch Befeuchtung) sichergestellt.
  • Vorteile: Dauerhafte Beseitigung der Asbestquelle und langfristig keine Gefahr mehr.
  • Nachteile: Hohe Kosten, zeitintensiv und nur durch Fachfirmen zulässig.

6. Rechtliche Anforderungen und Durchführung der Sanierung

Wie schon erwähnt, dürfen Arbeiten an asbesthaltigen Materialien nach den geltenden Vorschriften nur von sachkundigen Fachbetrieben durchgeführt werden. Wesentliche Punkte sind:

  • Anmeldung der Arbeiten: Abbruch- und Sanierungsarbeiten mit Asbest müssen bei der zuständigen Behörde (i. d. R. Gewerbeaufsichtsamt oder Amt für Arbeitsschutz) angemeldet werden.
  • Schutzmaßnahmen: Das Personal muss eine spezielle Ausbildung nach TRGS 519 absolvieren, persönliche Schutzausrüstung (PSA) tragen und die Baustelle gemäß den Arbeitsschutzvorschriften sichern.
  • Abfallentsorgung: Der Ausbau erfolgt staubarm; das asbesthaltige Material wird luftdicht in Spezialverpackungen (z. B. Big-Bags) verpackt und gemäß den Vorgaben auf zugelassenen Deponien entsorgt.
  • Luftmessungen: Gegebenenfalls werden vor, während und nach den Arbeiten Luftmessungen durchgeführt, um sicherzustellen, dass keine unzulässige Faserkonzentration in die Umgebung gelangt.

7. Kosten und Förderung

Die Kosten für eine Sanierung richten sich nach:

  • Art und Umfang der Sanierung (Encapsulierung, Überbauung, vollständige Entfernung)
  • Arbeitsaufwand und Größe der zu behandelnden Fläche
  • Notwendigen Sicherungsmaßnahmen (Einhausung, Luftabsaugung, Entsorgung etc.)

Prinzipiell sind vollständige Entfernung und Entsorgung am teuersten, da hier der Aufwand (Personal, Technik, Entsorgungsgebühren) am höchsten ist. Fördermittel für die Asbestsanierung können in manchen Fällen über Programme zur Gebäudesanierung (z. B. bei einer gleichzeitigen energetischen Sanierung) in Anspruch genommen werden. Es lohnt sich daher, regionale Förderprogramme zu prüfen und sich von Experten beraten zu lassen.


8. Empfehlungen für Betroffene

  1. Verdachtsmomente ernst nehmen: Insbesondere bei Gebäuden aus den 1960er- bis 1980er-Jahren mit älteren Bodenbelägen oder schwarzen Kleberschichten sollte an Asbest gedacht werden.
  2. Fachleute hinzuziehen: Wenn ein asbestverdächtiger Boden beschädigt ist oder Renovierungen anstehen, sollte unbedingt ein Sachkundiger (z. B. geprüfter Asbestgutachter) konsultiert werden.
  3. Keine Selbstversuche: Das eigenmächtige Entfernen oder Bearbeiten asbesthaltiger Materialien kann zu gefährlichen Faserfreisetzungen führen.
  4. Dokumentation: Ergebnisse von Laboranalysen und ggf. Luftmessungen sollten schriftlich festgehalten werden. Diese Dokumentation kann auch bei späteren Eigentümerwechseln relevant sein.
  5. Vorsicht bei Kleberentfernung: Auch wenn nur der Kleber asbesthaltig ist, kann beim Abschleifen oder Abfräsen eine enorme Faserfreisetzung stattfinden. Spezielle Schleif- und Absaugvorrichtungen sind hier zwingend erforderlich.

9. Zusammenfassung

Asbest in Fußböden stellt nach wie vor ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar, insbesondere wenn mechanische Einwirkungen (Abnutzung, Bohrungen, Schleifen) zur Freisetzung der gefährlichen Fasern führen. Daher ist es unerlässlich, bei Verdacht auf asbesthaltige Bodenbeläge eine fachgerechte Untersuchung durchführen zu lassen. Gesetzliche Regelungen wie die Gefahrstoffverordnung und TRGS 519 legen fest, dass nur entsprechend geschulte Fachfirmen mit der Sanierung beauftragt werden dürfen. Dabei gilt das Minimierungsgebot für Asbest: jede unnötige Faserkonzentration in der Luft ist zu vermeiden, um das Risiko für schwere Lungenkrankheiten deutlich zu reduzieren.

Die möglichen Sanierungsmaßnahmen reichen vom Versiegeln (Encapsulierung) über das Überdecken bis hin zur vollständigen Entfernung und Entsorgung. Welche Methode zum Einsatz kommt, hängt von Zustand, Nutzungsanforderungen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten ab. In jedem Fall sollten Eigentümer oder Bauherren frühzeitig Fachleute zu Rate ziehen, um eine sichere und nachhaltige Lösung zu finden.

Fazit: Asbesthaltige Fußböden sind kein Thema für “Heimwerker-Lösungen”. Mit Blick auf Gesundheit, Haftungsrisiken und gesetzliche Vorgaben ist eine professionelle Ermittlung, Bewertung und ggf. Sanierung unerlässlich. Nur so lassen sich die Gefahren der krebserzeugenden Asbestfasern effektiv und nachhaltig eindämmen.

Thomas Georg Bigalke
Parkettlegermeister
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