Die Problematik von Künstlichen Mineralfasern (KMF) in Fußböden und deren Sanierung
Künstliche Mineralfasern (KMF) wurden seit den 1950er Jahren häufig in Baumaterialien verwendet, darunter Dämmstoffe in Fußböden. Sie bieten Vorteile wie gute Wärmedämmung, Schalldämmung und Feuerresistenz. Allerdings hat sich herausgestellt, dass diese Fasern gesundheitsschädlich sein können, insbesondere wenn sie freigesetzt und eingeatmet werden. Die Sanierung solcher Materialien ist komplex und erfordert klare Vorgaben und Maßnahmen, um die Gesundheit zu schützen.
1. Gesundheitsrisiken durch KMF
KMF enthalten Fasern, die bei Beschädigung oder Abrieb freigesetzt werden können. Insbesondere Fasern mit einem Durchmesser unter 3 µm und einer Länge über 5 µm gelten als lungengängig. Sie können tief in die Lunge eindringen und dort chronische Entzündungen oder andere Erkrankungen auslösen. Risiken umfassen:
- Reizungen der Atemwege: Durch mechanische Irritationen der Schleimhäute.
- Lungenerkrankungen: Bei längerer Exposition kann das Risiko für Lungenfibrose oder sogar Krebs steigen, besonders bei älteren Produkten, die krebserregende Substanzen enthalten.
- Haut- und Augenreizungen: Durch direkten Kontakt mit freigesetzten Fasern.
Moderne KMF sind zwar als weniger gesundheitsgefährdend eingestuft, jedoch können Produkte vor 1996, die nicht der TRGS 521 (Technische Regel für Gefahrstoffe) entsprechen, potenziell krebserregend sein.
2. Grenzwerte und gesetzliche Regelungen
Um die Exposition zu minimieren, wurden in Deutschland Grenzwerte und Standards für KMF festgelegt:
- TRGS 521: Regelt den Umgang mit KMF und beschreibt Maßnahmen, um die Freisetzung von Fasern zu minimieren.
- Arbeitsplatzgrenzwert (AGW): Die maximale Konzentration an Fasern, die an Arbeitsplätzen toleriert wird, beträgt 0,25 Fasern/cm³ (gemessen als Mittelwert über eine Arbeitszeit von 8 Stunden).
- Gefährdungsbeurteilung nach Gefahrstoffverordnung (GefStoffV): Materialien, die vor 1996 produziert wurden, sind grundsätzlich als krebserregend einzustufen.
3. Maßnahmen zur Ermittlung von KMF in Fußböden
Bevor Sanierungsarbeiten durchgeführt werden, muss eine gründliche Untersuchung erfolgen:
- Materialanalyse: Probenentnahme von Fußbodenmaterialien (z. B. Dämmplatten, Kleber oder Fugenmaterial).
- Mikroskopische Untersuchung: Zur Bestimmung der Faserzusammensetzung und -konzentration.
- Luftmessungen: Überprüfung der Faserfreisetzung in der Raumluft, insbesondere in Bereichen mit mechanischer Beanspruchung.
- Bewertung des Gefährdungspotentials: Je nach Zustand des Materials und der Belastungssituation erfolgt eine Risikoeinstufung.
4. Sanierungsmaßnahmen
Die Sanierung von KMF-haltigen Fußböden muss gemäß gesetzlicher Vorgaben durchgeführt werden, um die Freisetzung von Fasern und eine Gefährdung zu vermeiden. Typische Maßnahmen sind:
4.1. Entfernung der belasteten Materialien
- Schutzmaßnahmen: Persönliche Schutzausrüstung (PSA) wie Atemschutzmasken (FFP3), Einweganzüge und Handschuhe sind Pflicht.
- Einhausung: Der Arbeitsbereich wird abgeschottet, z. B. durch Unterdruckräume, um eine Ausbreitung der Fasern zu verhindern.
- Staubarme Entfernung: Einsatz von Spezialwerkzeugen wie Absaugvorrichtungen.
- Sichere Entsorgung: Abfälle müssen in staubdichten, gekennzeichneten Behältern entsorgt werden (Abfallschlüssel: 17 06 03*).
4.2. Einkapselung
Wenn eine vollständige Entfernung nicht möglich ist, kann das Material eingekapselt werden, z. B. durch Beschichtungen oder Ummantelungen. Dadurch wird die Freisetzung von Fasern verhindert.
4.3. Ersatz durch ungefährliche Materialien
Nach der Entfernung erfolgt die Wiederherstellung des Fußbodens mit modernen, gesundheitlich unbedenklichen Dämmstoffen, z. B. Zellulose, Kork oder mineralischen Alternativen.
5. Präventive Maßnahmen und Nachkontrolle
- Regelmäßige Überprüfung: Inspektionen der sanierten Bereiche, um sicherzustellen, dass keine Fasern freigesetzt werden.
- Raumluftmessungen: Kontrollmessungen nach der Sanierung, um die Einhaltung der AGW zu gewährleisten.
- Dokumentation: Lückenlose Aufzeichnung der durchgeführten Arbeiten und Messungen.
6. Fazit
Künstliche Mineralfasern in Fußböden stellen ein ernstzunehmendes gesundheitliches Risiko dar, insbesondere bei älteren Materialien. Eine Sanierung muss sorgfältig geplant und unter Einhaltung gesetzlicher Vorgaben durchgeführt werden. Die Wahl zwischen Entfernung, Einkapselung oder Ersatz hängt vom Zustand des Materials und der baulichen Situation ab. Eine fachgerechte Umsetzung ist entscheidend, um die Gesundheit der Bewohner und Arbeiter zu schützen.
Thomas Georg Bigalke
Parkettlegermeister
öffentlich bestellter und vereidigter
Sachverständiger für Parkett
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