Polychlorierte Biphenyle (PCB) in Fußböden: Problematik, Gesundheitliche Risiken und Sanierungsmöglichkeiten
Polychlorierte Biphenyle (PCB) sind eine Gruppe von chlorierten organischen Verbindungen, die aufgrund ihrer thermischen Stabilität und isolierenden Eigenschaften früher in zahlreichen Bau- und Industrieprodukten verwendet wurden. In Deutschland kam PCB vor allem zwischen den 1950er- und späten 1970er-Jahren in Gebäuden zum Einsatz – unter anderem in Fugenmassen, Klebstoffen (z. B. unter PVC-Böden) sowie in Anstrichen. Da PCB heute als krebserregend, leberschädigend und hormonell wirksam (endokrine Disruptoren) gelten, sind Herstellung und Verwendung in den meisten Ländern – so auch in Deutschland – verboten. Dennoch können PCB-haltige Materialien in älteren Gebäuden nach wie vor präsent sein und zu erhöhten Innenraumkonzentrationen führen.
1. Gesundheitliche Relevanz von PCB
PCB sind persistent, das heißt, sie bauen sich nur sehr langsam ab und reichern sich in der Umwelt und in Organismen an. Aufgrund ihrer Toxizität gelten PCB als problematisch für Mensch und Umwelt. Zu den möglichen gesundheitlichen Folgen einer langfristigen Exposition gehören:
- Beeinträchtigungen des Immunsystems
- Schädigungen von Leber und Schilddrüse
- Veränderungen im Hormonhaushalt
- Erhöhte Krebsrisiken (insbesondere Leberkrebs und Hautkrebs)
Da PCB nicht nur über die Atemluft, sondern auch über Hautkontakt und staubgebundene Partikel aufgenommen werden können, ist eine Identifikation und Beseitigung von PCB-Quellen in Innenräumen besonders wichtig.
2. Vorkommen in Fußböden
In Fußböden bzw. unter Fußbodenbelägen können PCB insbesondere in Klebstoffen und Spachtelmassen vorkommen. Insbesondere PVC-Beläge, Linoleum oder Parkett, die vor 1980 verlegt wurden, können mithilfe von PCB-haltigen Klebern fixiert worden sein. Darüber hinaus sind auch Fugenmassen zwischen Estrichplatten oder an Sockelleisten potenzielle Quellen. Durch Alterung und Abrieb können PCB aus dem Material entweichen und sich über die Luft im Innenraum verteilen.
3. Grenzwerte und Richtlinien
In Deutschland gelten verschiedene Richtwerte und Empfehlungen zur PCB-Belastung in Innenräumen, die sich insbesondere an den Empfehlungen des ehemaligen Bundesgesundheitsamts (BGA) und des Umweltbundesamts (UBA) orientieren. Häufig zitierte Leitwerte sind:
- Vorsorgewert: 300 ng PCB/m³ (Nanogramm pro Kubikmeter Luft)
Wird dieser Wert überschritten, sollten Maßnahmen zur Verminderung der PCB-Konzentration erwogen werden. - Interventionswert: 3000 ng PCB/m³
Bei Überschreitung dieses Wertes sind umgehend Sanierungsmaßnahmen einzuleiten, um die PCB-Belastung zu senken.
Für Arbeitsplätze existieren außerdem Arbeitsplatzgrenzwerte (AGW), die in den Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) festgelegt werden. Da PCB in Deutschland als fortpflanzungsgefährdend und karzinogen eingestuft sind, gilt hier das Minimierungsgebot: Die Konzentration ist so niedrig wie technisch möglich zu halten.
4. Ermittlung der PCB-Belastung
Zur Abklärung, ob eine PCB-Belastung vorliegt, sollten folgende Schritte unternommen werden:
- Gebäudehistorie prüfen: Baujahr, verwendete Baumaterialien und Umbauphasen geben Hinweise darauf, ob PCB-haltige Materialien verwendet sein könnten.
- Raumluftmessungen: Durch spezialisierte Labore wird die Raumluft auf PCB (Summe der „PCB-Kongeneren“) untersucht. Liegen die Messwerte nahe oder über den Richtwerten, muss genauer nach der Quelle gesucht werden.
- Materialproben: Klebstoffe, Fugenmassen oder sonstige Verdachtsmaterialien werden entnommen und analytisch (z. B. mittels GC-MS) auf PCB untersucht.
- Wischproben: Ergänzend können Wischproben von Oberflächen genommen werden, um festzustellen, ob sich PCB-haltiger Staub oder Anhaftungen im Raum verteilen.
5. Sanierungsmöglichkeiten
Je nach Höhe der Belastung und baulicher Situation kommen unterschiedliche Sanierungsmöglichkeiten in Frage. Grundsätzlich wird empfohlen, bei PCB-Belastungen über den Interventionswerten (3000 ng/m³) schnellstmöglich zu handeln. Auch unterhalb dieses Werts sollte eine Reduzierung der Exposition angestrebt werden, da PCB als krebserregend und hormonwirksam gelten.
- Austausch PCB-haltiger Materialien
- Entfernung des Fußbodenbelags und PCB-haltiger Klebstoffe: Hierbei müssen Schutzmaßnahmen (Persönliche Schutzausrüstung, Staubbindung, Absaugung) eingehalten und gefährliche Abfälle fachgerecht entsorgt werden.
- Abschleifen oder Abfräsen von Estrichschichten, sofern PCB in die Estrichoberfläche eingedrungen ist.
- Einschluss/Versiegelung („Encapsulation“)
- Ist eine vollständige Entfernung nicht möglich oder nur mit sehr großem Aufwand realisierbar, kann eine Versiegelung der PCB-haltigen Schichten in Betracht gezogen werden. Hierbei werden spezielle Beschichtungen (z. B. Epoxidharz) aufgetragen, die ein weiteres Ausgasen weitgehend verhindern sollen.
- Diese Lösung ist jedoch häufig nur eine Übergangslösung. Langfristig kann es zu Rissen kommen, durch die wieder PCB freigesetzt werden.
- Verbesserte Belüftung
- Eine Erhöhung des Luftwechsels kann die PCB-Konzentration in den Innenräumen reduzieren, ohne jedoch die Quelle an sich zu entfernen.
- Als begleitende Maßnahme bei geringfügigen Überschreitungen sinnvoll, ersetzt jedoch keine grundlegende Sanierung bei stark belasteten Flächen.
- Bauliche Umnutzung oder Abriss
- In seltenen Fällen und bei extrem hoher Belastung kann ein Abriss bzw. eine tiefgreifende bauliche Umnutzung (einschließlich Austausch ganzer Gebäudeteile) nötig sein.
6. Gesetzliche Grundlagen und Vorgaben
- Chemikalien-Verbotsverordnung (ChemVerbotsV): PCB sind in Deutschland grundsätzlich verboten.
- Gefahrstoffverordnung (GefStoffV): Regelt den Umgang mit PCB als Gefahrstoff, schreibt Sicherheitsmaßnahmen beim Ausbau und bei der Entsorgung vor.
- Technische Regeln für Gefahrstoffe (TRGS): Beschreiben detaillierte Schutzmaßnahmen, Anforderungen an Arbeitsmittel und Unterweisungen bei Tätigkeiten mit PCB. Für PCB-Belastungen kommen insbesondere die TRGS 900 (Arbeitsplatzgrenzwerte) und TRGS 524 (Sanierungsarbeiten in kontaminierten Bereichen) in Betracht.
- Abfallrecht: PCB-haltige Materialien sind als gefährliche Abfälle zu entsorgen. Hier greifen u. a. das Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) und entsprechende Nachweisverordnungen.
7. Zusammenfassung und Handlungsempfehlungen
- Identifizierung: Bei Verdacht auf PCB in Gebäuden, insbesondere bei älteren Baujahren (vor 1980), sollten gezielt Raumluftmessungen und Materialanalysen durchgeführt werden.
- Bewertung: Liegen PCB-Konzentrationen über den empfohlenen Richt- bzw. Interventionswerten, ist ein Sanierungskonzept zu erstellen.
- Sanierung: Abhängig von der Konzentrationshöhe und den baulichen Gegebenheiten kann ein Entfernen der kontaminierten Schichten oder eine Versiegelung in Frage kommen. Bei der Sanierung sind die Arbeitsschutz- und Entsorgungsrichtlinien strikt einzuhalten.
- Dokumentation: Jede Sanierungsmaßnahme sollte sorgfältig protokolliert werden (Nachweisführung) und im Anschluss ist durch erneute Raumluftmessungen zu kontrollieren, ob die PCB-Konzentration erfolgreich gesenkt werden konnte.
Eine umfassende und sachgerechte Sanierung ist sowohl aus Sicht des Gesundheitsschutzes als auch zur Wahrung der gesetzlichen Vorgaben unerlässlich. Wer unsicher ist, ob sein Gebäude PCB-belastet ist oder wie eine Sanierung korrekt durchzuführen ist, sollte fachkundige Umweltlabore, Ingenieurbüros oder Bausachverständige hinzuziehen. So lässt sich sicherstellen, dass Mensch und Umwelt dauerhaft vor gesundheitlichen Risiken durch PCB geschützt sind.
Thomas Georg Bigalke
Parkettlegermeister
öffentlich bestellter und vereidigter
Sachverständiger für Parkett
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